Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman by Bastei Lübbe

Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman by Bastei Lübbe

Autor:Bastei Lübbe
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Bastei Lübbe
veröffentlicht: 2013-02-04T05:00:00+00:00


23

Jonathan musste Tillie nur einmal anschauen, und schon war ihm klar, dass sie über große Ausdauer, ein umgängliches Gemüt und ein mitfühlendes Herz verfügte. Sie war die ideale Ehefrau für einen Mann, der an einem Ort wie Curtin Springs leben wollte, wäre da nur nicht ihr pausenloses Geplapper gewesen. Zum Glück war sie sehr amüsant, und die Entbehrungen, die das Leben in solch einer Abgeschiedenheit mit sich brachte, beschönigte sie nicht. Jonathan war erfreut darüber, dass sie sich auch für die einheimische Tierwelt begeisterte, und vor allem, dass sie ein umfangreiches Wissen über die Aborigines der Gegend besaß, genau das brauchte er.

»Inzwischen kommen einige Leute hier vorbei, aber das war nicht immer so«, erzählte sie Jonathan. »In unserem ersten Jahr hier sahen wir, von uns beiden abgesehen, nur sechs andere Menschen. Stimmt’s, Bernie?«

»Sechs Leute? Waren es tatsächlich so viele?«, fragte er lachend.

»Das Eheleben hinten in einem Van zu beginnen war das eine, an einem Ort praktisch ohne andere Menschen zu wohnen ist für eine jung verheiratete Frau aus Manchester, die zehn Geschwister hat, allerdings ziemlich merkwürdig. Ich kam mir vor wie auf dem Mond ausgesetzt. Und um ehrlich zu sein, ich hatte damals keine Ahnung, ob ich das schaffen würde. Aber Bernie hat das Problem gelöst.« Tillie kicherte. »Ein paar Monate nach unserer Ankunft hier habe ich ein Baby zur Welt gebracht, das von üblen Koliken geplagt wurde. Tag und Nacht schrie die Kleine sich die Seele aus dem Leib. Ich hätte Gott weiß was für die Stille gegeben, die wir vorher hier hatten. Sogar die Tiere sind aus der Gegend verschwunden. Kaum war mit der kleinen Susan alles in Ordnung, kam das nächste Baby. Zum Glück war Charles kein Schreihals. Es folgten zwei weitere Kinder, aber hier draußen, mit dem vielen Platz um uns herum, waren die vier Kinder nie im Weg. Sie kamen nur ins Haus, wenn sie Hunger hatten, und dann waren sie so schmutzig, dass ich sie von den Aborigine-Kindern kaum unterscheiden konnte. Ich hab mich an all das gewöhnt. Jetzt käme ich wahrscheinlich nicht mehr klar, wenn ich in einer richtigen Stadt mit Nachbarn in nächster Nähe und viel besuchten Geschäften leben müsste.«

»Ich weiß, was Sie meinen. Ich weiß auch nicht, wie ich auf die Menschenmengen in London reagieren werde, wenn ich wieder nach Hause fahre«, gab Jonathan zu. An manchen Tagen vermisste er London schrecklich. An anderen Tagen, wenn er in den endlosen blauen Himmel schaute, konnte er sich nicht vorstellen, wie er sich je wieder an das Grau des heimischen Himmels gewöhnen sollte. »Ich denke, ich würde mich bald wieder in mein früheres Leben hineinfinden, aber eine ganze Weile wird mir sicher alles ziemlich fremd vorkommen.«

Bernie hatte nicht übertrieben, was Tillies Kochkünste anging. Der saftige Hamburger, den sie Jonathan zubereitete, schmeckte ihm ausgezeichnet. Und das umso besser, als ihm ein eiskaltes Bier dazu serviert wurde. Auch Marlee war mehr als zufrieden mit ihren frittierten Kartoffeln und der Flasche roter Limonade dazu.

»Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ein kaltes Bier einmal zu einer Delikatesse für mich werden könnte«, meinte Jonathan.



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